„Muslime in unserer Nachbarschaft – Der Islam als Weltreligion“, so hieß die Unterrichtsreihe, mit der sich der Religionskurs der Klasse 7f in den vergangenen Wochen befasst hatte. Höhepunkt der Reihe war ein Besuch in der türkischen Moschee am Nordring am Dienstag, dem 11. März 2014. „Was kann man in einer Moschee lernen?“, hieß die Frage, die die Schülerinnen und Schüler anschließend beantworten sollten. Viele Inhalte aus dem Religionsunterricht wurden in der Moschee greifbar und konkret. Man zieht zunächst die Schuhe aus, um den schönen Gebetsteppich, mit dem der Raum vollständig ausgelegt ist, zu schonen.
5 Säulen prägen das Glaubensleben der Muslime:
- Das Gebet (5 mal am Tag beten gläubige Muslime Richtung Mekka)
- Das Glaubensbekenntnis
- Der Fastenmonat Ramadan (Fasten von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang)
- Die Wallfahrt nach Mekka
- Die Armensteuer
Der Islam ist eine monotheistische Religion. Es gibt nur den einen Gott Allah. Nach Allahs Willen sollen Muslime nicht schlagen, rauchen oder Alkohol trinken. Die heilige Schrift ist der Koran. Islam und Christentum haben im Judentum eine gemeinsame Wurzel. Wichtige Persönlichkeiten des Koran stehen auch in der Bibel.
Mit Interesse hörten die SchülerInnen zu, als der Vorbeter von seiner Pilgerfahrt nach Mekka berichtete. Den „Schwarzen Stein“ in der Kaaba hatte er nicht berühren können, weil sich viel zu viele Menschen am zentralen Heiligtum des Islams aufhielten.
Die 5 von der Jahreszeit abhängigen Gebetszeiten hängen im Gebetsraum aus. Eine Gebetszeit fiel in unseren Besuch. Da Gebete öffentlich sind, wollte uns die muslimische Gemeinde nicht „vor die Tür setzen“. Auf der anderen Seite signalisierten die Kinder, dass sie verstanden hatten, dass man sich über fremde religiöse Sitten nicht lustig machen und religiöse Gefühle nicht verletzen darf. Sie wollten zum Gebet gerne im Raum bleiben. Die Schüler konnten also beobachten, wie der Vorbeter sein Gewand anzog. Da die Moschee kein Außenminarett hat, rief der Muezzin im Raum zum Gebet. Fremde Sprache – fremde Töne – und trotzdem ernsthafte Gesichter. Die Mihrab (die Gebetsnische) ist in Richtung Mekka ausgerichtet und gibt damit die Gebetsrichtung vor. Beim Gebet benutzten die Muslime ihre Gebetskette mit den 99 Perlen. Kein Muslim fühlte sich nach dem Gebet von den Kindern gestört.
Frauen waren beim Gebet nicht zugegen. Das Gebet ist für die Männer verpflichtender. Frauen müssen in der Moschee ein Kopftuch tragen und sie sollen mit den Männern nicht in einem Raum beten. Dementsprechend wurde uns ein Nachbarraum gezeigt, in dem die Frauen beten. Für Kinder und Jugendliche wird der Raum auch als Unterrichtsraum genutzt. Um die Rolle der Frau im Islam genauer zu hinterfragen, fehlte die Zeit. Von einem Gleichstellungsgedanken in unserem Sinne kann man jedenfalls nicht sprechen.
Der Islam hat eine ausgeprägte soziale Komponente. Die Armensteuer verpflichtet die Reichen zu Abgaben, die zur Bekämpfung von Armut eingesetzt werden.
Eine wichtige Erkenntnis wurde anschließend in einer Kleingruppe gefunden. Herabsetzende und diskriminierende Sprüche sind nicht gut. Negative Töne gab es überhaupt nicht, ganz im Gegenteil: „Die muslimischen Gastgeber waren sehr respektvoll und gastfreundlich“, stellten die Kinder fest. Von aggressivem islamistischem Fundamentalismus, wie er oft im Fernsehen dargestellt wird, war überhaupt nichts zu spüren. Hilfsbereitschaft und Gemeinschaftsgefühl prägten das Klima. Vor solchen Begegnungen müssen Kinder keine Angst haben.
Eindrucksvoll war auch der Einsatz der muslimischen Schüler der Klasse 7f. Sie übersetzten die in türkischer Sprache formulierten Antworten und Erklärungen des Vorbeters auf die zahlreichen Fragen der Kinder. An den Gesichtern der jugendlichen Übersetzer war deutlich abzulesen, dass sie nicht irgendwelche belanglosen Inhalte übersetzten, sondern dass der Glaube ihrer Familien ihnen etwas bedeutet. Schon vorab hatten sie im Unterricht erklärt, dass sie ihre eigenen Kinder im Sinne des Islam erziehen würden. Ein wenig von dieser „Jugend-Power“ würde man sich für christliche Kirchengemeinden in Deutschland wünschen.
Als begleitender Religionslehrer kann man auch etwas in einer Moschee lernen. In den Sinn kommt die Rede zum 20. Jahrestag der Deutschen Einheit, die der damalige Bundespräsident Christian Wulff am 3. Oktober 2010 formulierte:
„Das Christentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das Judentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das ist unsere christlich-jüdische Geschichte. Aber der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland“.
Dass die Aussage zum Islam, für die Bundespräsident Wulff vor über 3 Jahren große Aufmerksamkeit bekam, seine Richtigkeit und Bedeutung hat, davon konnte man sich in der Moschee am Nordring überzeugen. Bekannt ist, dass die ersten Kirchen in Deutschland bereits in Moscheen umgebaut werden, wie das gegenwärtig die islamische Al-Nour-Gemeinde mit der Kapernaum-Kirche in Hamburg-Horn bereits baulich umsetzt.
Eine weitere Moschee oder ein weiterer muslimischer Gebetsraum in Deutschland sind für mich kein Problem. Wenig erfreulich finde ich es aber, wenn zunehmend christliche Kirchengemeinden ihre Gebäude aus Mangel an Kraft, Fantasie und Geld an den Islam abtreten müssen, weil wir nicht mehr in der Lage sind, unsere Kinder für aktive und attraktive Kirchengemeinden zu begeistern.
K.-H. Schmitte, Religionslehrer der Klasse 7F